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Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR)

stellungnahmen → Eine sanfte reform
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Der Bund für vereinfachte rechtschreibung nimmt stellung

Eine sanfte reform

Zu Max Flückiger, «Wie sanft ist die geplante ortografiereform?», Neue Zürcher Zeitung, 28./29. 8. 1993

Nachweis unter presse und internet

Der Bund für vereinfachte recht­schrei­bung (BVR) mit mitgliedern aus allen bevölkerungs­schichten setzt sich seit bald siebzig jahren für eine rechtschreib­reform ein — eine echte, aber auch sanfte. Er würde es nie wagen, eine unsanfte reform zu fordern, obwohl man das ja auch könn­te. Der zur zeit vorliegende und von Max Flückiger ende august in der NZZ analysierte vorschlag ist sehr sanft, und wenn die eigennamen­grossschreibung (subs­tantiv­kleinschreibung) nicht dazu­gehört, ist es eigentlich keine reform. Den empfohlenen «Schritt von der Theorie in die Praxis» kann jeder interessierte selbst erproben, indem er einmal einen NZZ-artikel in die neue schreib­weise umsetzt (beim BVR zu beziehen). Selbst ein chef­korrektor dürfte mühe haben, einen solchen text auf anhieb von einem herkömmlichen zu unterscheiden.

Immerhin fällt vielen leuten auch an einem text mit/ohne ß oder ohne substan­tiv­grossschreibung nichts auf! Das ist eine jahrzehntelange erfahrung. Dagegen sind wertungen wie «… führen wohl zu einer weiteren Abkehr von den Printmedien» nichts als horror­visionen — ohne sie kommt anscheinend keine zeitung aus, wie Sigmund Widmer soeben in der «Züri-Woche» treffend diagnostizierte. In die gleiche kategorie gehören ängstliche erwägungen über fälle wie Filma-bend, die weder für den durchschnitts­schreiber noch für das satz­system der NZZ ein problem darstellen. Gewiss könnte man da und dort anders entscheiden, und korrek­turen sind ja durchaus noch möglich. Aber grundsätzlich verdient der vorschlag eine positivere würdigung. Dazu gehört aber eine andere, offenere, liberale grund­haltung, wie sie beispiels­weise am letzten Ustertag in Ulrich Bremis warnung vor angstmachern zum ausdruck kam: Nur in einem klima, in dem auch irren erlaubt ist, in dem man ideen und vorschläge provoziert und nicht zum vorn­herein harmonie sucht, können lösungen für anstehende probleme gefunden werden.

Dagegen erinnern die kleinlichen haus­eigenen stellung­nahmen der (libera­len?) NZZ («Wenn die heutige, fest­gefügte Ordnung einmal ins Wanken kommt, dann ist jeder Willkür Tür und Tor geöffnet …», M. Flückigers vorgänger 1954) an Gottfried Kellers kammmacher: «Solche gerechte werfen keine laterne ein, aber sie zünden auch keine an, und kein licht geht von ihnen aus».

Bund für vereinfachte rechtschreibung
Rolf Landolt, Zürich (vorsitzer)